FÜR EINE ANDERE IRAN-POLITIK
Berlin, 8. April 2012
Kollektive
Verirrung?
Buchrezension
zu: „Partner, nicht Gegner – für eine andere Iran-Politik“
Ein
Standpunkt von Christoph Bertram, herausgegeben von Roger de Weck,
Edition:
Körber-Stiftung, 87 Seiten, 10,-- Euro, erschienen am 19. 5. 08
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Manchen Büchern wünscht man
sich, sie mögen die Mächtigen dieser Welt erleuchten, doch wahrscheinlich wird dieser kleine Band
nur eine heftige Kontroverse hervorrufen.
Seit US-Präsident Bush Iran
zur „Achse des Bösen“ zählt, haben sich die westlichen Medien bequem auf der
Verteufelungs-Schiene eingerichtet: „Wenn der Iran nicht einlenkt, gibt es
unweigerlich Krieg“ so war der allgemeine Presse-Tenor, auch vieler westlichen
Politiker Sogar DIE ZEIT stimmte in ihrer Ausgabe 35/2006 ein.
Christoph Bertram, bis 2005 Direktor
der SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik), auch bekannt als ZEIT-Autor, überraschte gestern in
der Europäischen Akademie Berlin-Grunewald
durch andere Aspekte, die er in seinem nüchternen Essay zusammenfasste:
Anstelle von
Regime-Verteufelung müsste Anerkennung dieses wichtigen Landes stehen, statt
Konfrontation das Angebot zur Zusammenarbeit, statt Beschuldigung und
Sanktionen der Dialog, statt Vorbedingungen Verhandlungen. Der Westen verfolge zur
Zeit eine Iran-Politik, die keine sei, der offenbar eine kollektive Verirrung
zugrunde liege. Gegnerschaft durch
Partnerschaft zu ersetzen und das riesige Sanktions-Paket von 1979 endlich aufzuschnüren,
hält Bertram für die besseren Ideen.
Die israelischen Freunde,
die sich durch Präsident Achmadinedschads Äusserung vom Verschwinden Israels „aus den Annalen der Geschichte“ besonders
bedroht fühlten, munterte Bertram zu mehr Gelassenheit auf. Er verwies auf das
Jahr 1958, als der UdSSR-Machthaber Chruschtschow mit der „sowjetischen
Weltrevolution“ drohte und dem Westen zurief: „Wir werden Euch alle beerdigen“.
Solchen Übertreibungen – so Bertram –
könne man nur mit de Gaulles „Détente, Entente et Coopération“ erfolgreich
begegnen. Der Verlauf der jüngsten Geschichte hätte de Gaulle recht gegeben.
Für viele im Westen würde
eine derart nüchterne Haltung dem Iran gegenüber einer Kapitulation gleichkommen,
zumindest einer unverdienten einseitigen Vorleistung.
Der Autor erinnert demgegenüber
an die Vorleistungen der damaligen Regierung des Iran, die im Jahr 2003 bereit
war, Israel als Staat anzuerkennen, Hamas und Hisbollah nicht mehr zu
unterstützen, allen IAEA-Inspekteuren Zutritt zu gewähren, und lediglich ihr (ziviles)
Nuklear-Programm fortsetzen wollte. Das militärische Programm sollte
eingestellt werden. Die Bush-Regierung
fegte dieses Schreiben, damals übermittelt durch die Botschaft der Schweiz, vom
Tisch. Obwohl der Iran vor fünf Jahren
zu fast allem bereit gewesen sei, habe er dafür keine Gegenleistung aus dem
Westen erhalten, nicht einmal Respekt.
So habe die gesamte
westliche Iran-Strategie bis heute allseits nur negative Resultate, dagegen sei
der Einfluss des Iran in der Region gewachsen.
Während aus Teheran schallende Selbstbehauptungstöne
zu hören sind und der Westen dröhnendes Kriegsgebaren zeigt, argumentiert Christoph
Bertram nicht mit der Pauke, sondern kommt differenziert der Wahrheit näher als
die meisten anderen Analysten. Bertram
sollte ernst genommen werden.
Heidemarie Blankenstein
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