Samstag, 14. Februar 2015

Erdöl vor Zyperns Küsten - Reichtum oder Sprengstoff ?

"Griechenland ist ein besetztes Land", markige Worte des neuen griechischen Verteidigungsministers Panos Kammenos gegenüber den Rettungsbemühungen der internationalen Geldgeber. Für Zypern-Türken sind ähnliche Parolen Alltag, und zwar schon seit 1974.

Zu jener Zeit war es, als Griechenland einen Putsch auf Zypern unternahm: "Auf Kreta war es gelungen, die Türken loszuwerden, warum sollte es nicht auf Zypern gelingen"? Den Traum der megali idea, von einem Großgriechenland - inklusive der Insel Zypern - sollte das Terrorkommando EOKA B verwirklichen, unter Leitung jenes Georgios Grivas, der noch als Nazi-Kollaborateur während der deutschen Besetzung sein Handwerk gelernt hatte.

Der griechische Griff nach Zypern endete im Juli 1974 mit der türkischen Intervention zum Schutz der Zypern-Türken. Darüber stürzte die Diktatur in Athen, und niemand in Europa dankte es den Türken. Indessen wird Terrorkommandant Grivas bis heute in Griechisch-Zypern verehrt. Damals begann die Rumpf-Republik Zypern, den türkischen Norden Zyperns besetztes Land zu nennen, obwohl sich dort etwa 300.000 Einwohner seit 1983 in der demokratisch verfasste TRNZ (Türkische Republik Nordzypern) eingerichtet haben. Dieser Staat und seine Bewohner sind seit Jahrzehnten einem massiven Handels-Boykott, einer Nichtanerkennung und einer Art Geiselhaft ausgesetzt, während Zypern-Griechen - jetzt unisono mit den "bejammernswerten" Griechen - nach außen hin erfolgreich ihre Opferrolle pflegen. Diese spielten sie dermaßen trickreich, so dass 2004 die Republik Zypern in die EU aufgenommen wurde, ohne das geklärt war, auf welches Staatsgebiet sich diese "Republik" eigentlich erstreckt. Schon viele Jahre vorher erpressten die Hellenen die EU: "Wenn Zypern nicht bald EU-Mitglied wird, boykottieren wir mit unserem Veto Eure Osterweiterung".

Noch vor dieser EU-Aufnahme stimmten alle Zyprer über ein settlement ab, über eine Einigung nach einem ausgefeilten Vorschlag der UN, dem Annan-Plan. 2/3 der rund 700.000 Griechen stimmten dagegen, während Zypern-Türken in großer Mehrheit dafür stimmten. Eine Einigung hätte es also längst geben können. Aber seit über 40 Jahren entsprach jede Übereinkunft am Verhandlungstisch nicht griechischen Vorstellungen, und trotz ihres seither immer wieder allen Lösungsvorschlägen entgegen gesetzten "Ochi" - Neins wurde die Republik Zypern in die EU aufgenommen, sehenden Auges als Störfaktor akzeptiert.

Ihre Präsidenten und Verhandlungsführer, angefangen von Kyprianou, über Vassiliou, Papadopoulos, Christofias und schließlich - seit 2013 - Nikos Anastasiadis bestehen in einer Art Realitätsverweigerung auf ihrem Alleinvertretungsanspruch: "Die gesamte Insel gehört uns, die türkischen Einwohner sind eine rechtlose Minderheit, wir verhandeln nicht auf Augenhöhe mit dem besetzten Teil der Insel".

Entsprechend uneinsichtig wird schon jetzt die Verteilung der Gas- und Ölvorkommen betrieben, die im Levant-Becken zwischen Israel und Zypern im östlichen Mittelmeer lagern sollen. Anfang 2011 hatte die Firma Nobel Energy aus Texas im Auftrag der israelischen Regierung gigantische Gas- und Ölvorräte vor den Küsten Israels, Libanons, Syriens bis in die südlichsten Teile der Türkei hinein ausgemacht. Der Westen des Levant-Beckens liegt unter den Hoheitsgewässern und dem Festlandssockel (ca. 12 km) Zyperns.

Um Streit zu vermeiden, schlossen Griechisch-Zypern und Israel Ende 2010 ein Abkommen über die Festlegung der bilateralen Seegrenze; ein Alarmzeichen für die Türkei: "Das Abkommen ignoriert die Rechte der türkischen Zyprer".

Wird der zyperngriechische Präsident Anastasiadis nach der Verteilung dieser Schätze gefragt, antwortet er listig: "Natürlich gehören diese Bodenschätze allen Einwohnern Zyperns, aber nur nach einem settlement, also einer Zypernlösung. Im Augenblick gehören alle Ressourcen der anerkannten Republik Zypern".

Es scheint, als stünden die Griechen von heute ganz in der Tradition ihres mythologischen Helden Odysseus. Der zeichnete sich während all seiner Abenteuer vor allem durch seine hinterlistigen Ideen aus.

Die türkische Regierung warnte die Insel-Griechen: " Zypern-Türken sind Mit-Eigentümer der Insel und wollen keine Minderheit im griechischzyprischen Staat sein, sondern haben ein Recht auf Teilhabe an allen natürlichen Ressourcen der Insel. Dabei werden wir sie unterstützen. Also machte sich das türkische Forschungsschiff BARBAROS HAYRETTIN PASHA zum nord-zyprischen Hafen Famagusta auf. Von dort kündigte es per Navigations-Telex (NAVTEX) an, dass Barbaros in die sogenannte AWZ (Ausschließliche Wirtschaftszone, ca. 200 km) Zyperns steuern w e r d e . Prompt verließ Nikos Anastasiadis den settlement-Verhandlungstisch und beschwerte sich in Straßburg so bitter wie scheinheilig, als sei er immer noch "Opfer der Osmanen".

Und als wäre das Straßburger EU-Parlament Partner der Hellenen, forderte es die Türkei mit Entschließung vom 13.11.2014 (2014/2921 (RSP) auf, Schiffsbewegungen in Zyperns AWZ und in angrenzenden Gewässern unverzüglich zu unterlassen. Sie verletze das Seerechtsabkommen, welches sie gefälligst unterzeichnen solle. "Dieses Abkommen hat also die Türkei nie geschlossen, zu dessen Abschluss sie aber aufgefordert wird. Das klingt, als kommandiere das EU-Parlament - wie einst der römische Senat - eine das östliche Mittelmeer beherrschende Kriegsflotte". kommentiert der Verfassungsjurist Christian Heinze jene EU-Entschließung.

Ein neues NAVTEX hat das türkische Forschungsschiff gesendet; es wird bis Ende April 2015 gültig sein und berechtigt nach internationalem Recht Spezialschiffen die Untersuchung von Rohstoffvorräten - auch in der AWZ. Vorschläge für eine friedliche Einigung liegen vom NATO-Mitglied Türkei und vom Peace Research Institute Oslo (PRIO) seit 2011 und 2012 und 2013 auf dem Tisch.

Wird die zyperngriechische Seite bei ihrem nationalistischen "Ochi" - Nein bleiben? Im aufgeheizten Klima bleibt es schon jetzt nicht bei Wortgefechten. Eine rege Reisetätigkeit beginnt:

Minister-Präsident Alexis Tsipras, der kürzlich in Griechenland mit seiner kommunistischen Partei erfolgreich zum Regierungschef gewählte wurde, beeilt sich als erstes zu einem ersten Antrittsbesuch auf die Insel, während der zyperngriechische Präsident (kein NATO-Mitglied) am 25. Februar nach Moskau fliegen wird. Dort will er sich der russisch-zyprischen Militär-Kooperation vergewissern, mit der auch Tsipras und seine griechische Regierung zu liebäugeln scheinen. Von einer Rückkehr an den Verhandlungstisch ist Anastasiadis weiter entfernt denn je.

Das alles könnte leicht zur Explosion führen, noch ehe mit der eigentlichen Förderung der Gas- und Ölvorkommen begonnen wurde.

Berlin/Zypern, 9. Februar 2015

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen