Montag, 23. April 2012

ZYPERN: EU-RATS-PRÄSIDENTSCHAFT AB JULI 2012


Zyperns Präsidentschaft im Rat der EU
von Heidemarie Blankenstein




Ab 1. Juli 2012 wird die Republik Zypern den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernehmen. Da wird dann guter Rat teuer sein, denn erstmalig in der Geschichte der EU wird ein Staat Europa vertreten, den es nicht gibt.

Ein unabhängiger Staat Zypern bestand de jure nur von 1960 bis 1963. Griechische Zyprer maßen sich seit 1963 an, die gesamte Insel als Republik Zypern zu vertreten.

Hier ein kurzer Blick in Zyperns jüngste Geschichte:

Im April 1955 begann der Aufruhr der griechisch-zyprischen Terrororganisation EOKA (Nationale Organisation der zyprischen Befreiung) unter Oberst Grivas gegen die britische Verwaltung und für den Anschluss der Insel an Griechenland.

Die umstrittendste und herausragendste Gestalt im Machtkampf der Zyperngriechen (1950- 1974) war jedoch Erzbischof Makarios III.

Im Februar 1959, acht Monate nach den ersten griechischen Pogromen gegen die türkisch-zyprische Bevölkerung, fanden in Zürich Verhandlungen der Türkei, Griechenlands und Großbritanniens über die Zukunft der Insel statt. Am 19. 2. 1959 stimmten diese drei Mächte in London einer Reihe von Abkommen über Zypern zu:

Verzichterklärung Großbritanniens auf die Souveränität über die Insel - mit Ausnahme zweier Militärbasen im Süden des Landes.

Großbritannien, Griechenland und die Türkei verpflichten sich die Unabhängigkeit und Sicherheit der Insel und seiner Bewohner zu respektieren und im Notfall sichern zu helfen.

An der Spitze der Republik steht ein von den Inselgriechen zu wählender Präsident. Der vom türkischen Teil gewählte Vizepräsident hat ein Vetorecht gegen Entscheidungen des Präsidenten.....

Diese Verfassung, die auch den seit Jahrhunderten in Zypern ansässigen Türken, Rechte gewährte, war dem orthodoxen Kirchenführer und zum Präsidenten gewählten Makarios ein Dorn im Auge. 1963 beseitigte er durch autokratische Verfassungsänderungen alle türkischen Rechte, kündigte also diese Verfassung und löste den störenden Verfassungsgerichtshof auf. Die Zypern-Türken zogen sich - nach blutigen EOKA-Pogromen - in Enklaven zurück, denn ihr Eigentum, ihre Gesundheit und ihr Leben waren nicht mehr geschützt. Eine UNO-Schutztruppe wahrt seither einen labilen Waffenstillstand durch Einrichtung einer Pufferzone zwischen beiden Volksgruppen.

Die griechische Politik war seit 1963 auf die Vereinnahmung der gesamten Insel gerichtet. Das ist ihr auch fast gelungen. Die heutige überwiegende Staatenpraxis erkennt den griechisch-zyprischen Alleinvertretungsanspruch an.

Das impliziert natürlich auch die Anerkennung der autoritären, undemokratischen Beseitigung der Verfassung von 1960 und die Errichtung einer rein zypern-griechischen Staatsgewalt.

Frage: Wenn die Zypern-Griechen als “Republik Zypern” die Alleinvertretung beanspruchen, was hat sie seit 1963 berechtigt, ihre eigene “Minderheit” auf der Insel zu boykottieren, wirtschaftlich auszuhungern und diesen Verstoß gegen die Menschenrechte auch noch als Verschulden der zypern-türkischen Volksgruppe auszugeben?

Nach dem Staatsstreich des berüchtigten Terroristen Sampson und der vollständigen Machtübernahme der griechischen Faschisten 1974 haben türkische Truppen - gemäß der Drei-Mächte-Garantie-Erklärung von Zürich und London - zum Schutz der bedrohten Inseltürken und ihrer verfassungsmäßigen Rechte militärisch interveniert.

Da mit den Inselgriechen, die sich selbst als Staatsvolk und die Türken als Minderheit bzw. als Gäste bezeichnen, kein Kompromiss auf der Basis einer Gleichberechtigung möglich war (und bis heute nicht möglich ist), gründeten die türkischen Zyprer 1983 einen eigenen Staat, die TRNZ, die Türkische Republik Nord-Zypern.

Das heutige Resultat ist die Existenz zweier Staaten auf der Insel. Beide sind demokratisch verfasst und gewährleisten ihren Staatsangehörigen Freiheitsrechte. Es ist lediglich ein Erfolg der griechischen Diplomatie und ein Ergebnis prinzipienloser Interessenpolitik der internationalen Staatengemeinschaft - u.a. auch der EU - dass der griechische Teilstaat seit Jahrzehnten anerkannt wird, der türkische dagegen nicht.

Dass bei der Aufnahme der “Republik Zypern” 2004 in die EU ein großer Fehler begangen wurde, das wird in Brüssel offen zugegeben. Denn eine Aufnahme in die EU sollte nicht möglich sein, ohne dass geklärt wurde, welchen Staat der Antragsteller vertritt, auf welches Territorium sich dessen Hoheitsgewalt erstreckt, welche demokratischen Freiheitsrechte er allen seinen Bürgern gleichermaßen gewährt und welche Verfassungstreue er einhält.

Heidemarie Blankenstein
Berlin und Zypern, 24. April 2012

 

Montag, 16. April 2012

ZWEIMAL ZYPERN - WARUM DENN NICHT?



Impressionen von der Internationalen Tourismus Börse
(ITB) 2012 in Berlin

von HEIDEMARIE BLANKENSTEIN



Wer in Berlin Anfang März bei der ITB das Reiseziel Zypern suchte, fand es gleich zweimal: In der Europa-Halle gleich neben Griechenland und in der Asien-Halle gleich neben der Türkei. Das ist charakteristisch für die Insel. Alles ist doppelt: Ortsnamen, Religionen, Sprachen, Währung, Regierung, Flug- und Golfplätze.

Sehr weitläufig präsentiert sich der Stand der griechischen Zyprer, die jenen Insel-Teil vertreten, der von sich behauptet die Republik Zypern einschließlich des Türkischen Nordteils zu sein und das seit 1960 der restlichen Welt einhämmert.

Die Einreise über den modernisierten Internationale Airport von Larnaca (übrigens kürzlich auf zyperntürkischem Land errichtet) wird lauthals angepriesen. EU-finanzierte Autobahnen führen von Larnaca nach Limassol, zum Beispiel zum Luxushotel Le Meridien Spa und Resort, wo den Touristen perfekter Service, in den Felsen gehauene Pools und von Palmen umrahmte Wasserfälle erwarten. Eine Broschüre informiert den Reisewilligen über das “kulturelle Erbe” Zyperns, und der staunt nicht schlecht, dass diese Vielvölker-Insel nur von Griechen geprägt sein soll:

"1200 v. Chr. trafen vom Meer her griechisch sprechende Siedler auf der Insel ein. Bald war der Einfluss der griechischen Kultur zum festen Bestandteil des täglichen Lebens der Zyprioten“.

Wie langweilig, ist es doch gerade die Vielfalt der Insel, die den Gast anlockt.

Das haben die zypern-griechischen Messe-Macher (inklusive ihrer Regierung) wohl noch nicht kapiert, denn die Landkarten an den Messe-Ständen zeigen Städte und Straßen nur im griechischen Süd-Teil, während der türkische Nord-Teil ganz weiß ist und als “türkisch besetzt” bezeichnet wird, wo offenbar niemand lebt, wo es keine Wege, keine Straßen gibt, keinen Handel, keine Hotels, wo es leer, öde und tot ist.

Trotzdem werden Ausflüge - nur mit griechischem Reiseführer - in den türkischen Norden angeboten. Ein türkischer Reiseführer wird dann als “Silent Guide” dabei sein, der jedoch nicht widersprechen darf, wenn der Grieche mit weitausholender Geste im Norden behauptet: “Das ist alles unseres - unser Paradies”. Ob griechischer Fremden-Führer oder hier am Messe-Stand - überall scheint sich dieser Teil gern als Insel-Verwalter aufzuspielen.

Und vor Ort? Einmal im griechischen Teil gelandet, spüren die Touristen bald beim schweren Commandaria-Wein, bei Oliven, bei Halloumi-Käse, auf den Gipfeln und Dörfern des Troodos-Gebirges und in der alten Stadt Paphos, beim Felsen der Aphrodite, dass das sonnige Zypern ein Teil von dem ist, was vom Paradies auf Erden übrig blieb. Leider bemühen sich die griechischen Verwalter, es den auf den Abflugtafeln aller Flugplätze aufgelisteten Kapazitätsweltmeistern rund ums Mittelmeer gleichzutun und die Strände mit unansehnlichen Hotelkästen voll zu betonieren.

Deshalb behauptet sich das Paradies vor allem im Nordteil der Insel, also auch bei den Türken, in den Hafenstädten Girne oder im alten Gazi Magusa (Famagusta), in Güzelyurt, in Lapta, in Bellapais, bei den Kreuzritterburgen Sankt Hilarion, Buffavento oder hoch oben auf der Burg Kantara.

Und dieses Paradies behauptet sich trotz des vielen Blutes, das auf der gesamten Insel seit jeher und wieder seit 1963 geflossen ist.

Ein unabhängiger Staat Gesamt-Zypern - sowie die Griechen ihn heute vertreten wollen - bestand de jure nur von 1960 bis 1963. Danach wurden die seit 1571 auf der Insel lebenden Türken von der griechisch-zyprischen Regierung bedrängt, gettoisiert, wirtschaftlich ruiniert und zum Teil vertrieben. Nach dem Staatsstreich des Engländer- und Türkenschlächters Sampson und der vollständigen Machtübernahme der griechischen Faschisten 1974 haben türkische Truppen - gemäß der Drei-Mächte-Garantie für die Sicherheit und Unabhängigkeit der Insel von 1960 - zum Schutz ihrer bedrohten Inseltürken - interveniert. Seit 1974 herrscht Waffenstillstand.

Da mit den Inselgriechen, die sich selbst als Staatsvolk und die Türken als Minderheit, bzw. als Gäste bezeichnen, kein Kompromiss auf der Basis einer Gleichberechtigung möglich war, gründeten die türkischen Zyprer 1983 auf dem nördlichen Inselgebiet einen eigenen Staat, die Türkische Republik Nord Zypern, dieTRNZ. Dieser durfte bis 1999 - auf Drängen des EU-Mitglieds Griechenlands - keinen eigenen Messe-Stand betreiben.

In der TRNZ wird der historisch und kulturell interessierte Fremde ein Zypern finden, das seine Reise wert ist. Er wird eine ländliche, duftende, an Sandstränden gelegene mit sanften Bergen und kühlen Hainen, mit Ruinen, eine ungeschminkte, von Sonne, Mond und Sternen geprägte Insel finden,. Außerdem werden ihn Küchenzauberer verwöhnen.

Am türkisch-zyprischen Messe-Stand geben diese Zauberer Kostproben:

Frische Zitronenlimonade, Mezze, Fladenbrot und Oliven. Ein Töpfer von Design 74 zeigt an einer rotierenden Töpfer-Scheibe seine Kunst. Er hat sie in der Porzellanstadt Selb gelernt und spricht ganz gut Deutsch.

Der türkisch-zyprische Staat wird von der EU und der Welt boykottiert. Zu Unrecht. Nur die Türkei unterstützt diesen Teil der Insel. Flüge von Europa zum Flughafen Ercan (Lefkosia) führen über Istanbul oder Ankara mit allen türkischen Linien (Atlas, Pegasus und Turkish-Airlines (bzw.Türk Hawa Yollarie).

Egal, für welchen Einreiseteil sich der Tourist entscheidet; er darf seit einigen Jahren die Grenze zwischen dem nördlichen und südlichen Teil passieren, und das ist auf jeden Fall spannend. Er wird sich zu recht fragen: “Warum soll es denn nur ein griechisches Zypern geben? Der türkische Teil ist mindestens ebenso erlebenswert und hat bestimmt auch eine gleiche Daseinsberechtigung”.

15. April 2012

Montag, 9. April 2012

OFFENER BRIEF, THEMA: IRAN-POLITIK

HEIDEMARIE BLANKENSTEIN 

 

Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin
Frau Dr. Angela Merkel
Willy-Brandt-Straße 1

Berlin, 26. März 2012

 

Unkalkulierbare Eskalation im Iran-Israel-Konflikt
"Wandel durch Annäherung"?

Sehr geehrter Frau Bundeskanzlerin,

Sie wissen es besser als der Bürger: Beim Iran-Israel-Konflikt sieht es nicht gut aus. Der Westen übt mit Sanktionen Druck aus, ein Druck, der sein Ziel vielleicht verfehlen wird, jedenfalls Israel nicht von einer Bombardierung des Irans abhalten wird. Ein grausamer Krieg ist zu erwarten.

Wo steht Deutschland dann? Sie als Bundeskanzlerin hatten noch am 1. 2. 2011 als Freundin Israels beteuert: “Deutschland ist der Sicherheit Israels zutiefst verpflichtet” Auch der deutsche Außenminister hat es erst wieder am 25. März so betont. Da stellt sich die Frage, ob unsere Politiker von allen guten Geistern verlassen sind? Heißt es, dass Deutschland in diesen zu erwartenden (Atom)-Krieg mit hineingezogen würde? Und alles nur wegen Bündnistreue, die unser Land schon einmal in einen verheerenden Krieg - den 1. Weltkrieg - gezogen hat?

ABER gerade weil Deutschland der Sicherheit Israels verpflichtet ist, sollte unsere Außenpolitik eine Kehrtwendung vollziehen, ein Umdenken und der Regierung Netanjahu mit dem Hinweis auf unsere deutsche Erfahrung WANDEL DURCH ANNÄHERUNG in den Arm fallen. Parallelen zu unserer damaligen deutschen Situation und zum heutigen Israel gibt es durchaus. Auch Deutschland war vom Osten her extrem bedroht. (1958 rief  z. B. die damalige SU dem Westen zu: "Wir werden euch alle beerdigen" )

Da hatte Egon Bahr (auch später Außenminister Genscher) die rettende Idee (schon 1963 formulierte er es vor der evangelischen Akademie in Tutzing): Wandel durch Annäherung. Es hat dann bis zum Grundlagenvertrag von 1972 noch neun Jahre gedauert bis diese Politik erste Früchte getragen hat. Weitere 17 Jahre vergingen bis zur friedlichen Vereinigung und Öffnung nach Osten.

Ich stelle mir vor, dass Sie als Bundeskanzlerin nach diesem Modell eine neue Iran-Politik anregen können.

Sie wären nicht allein. Vordenker dieser Idee gibt es:

Zum Beispiel Prof. Simon Kuschut, der an der Uni Erlangen Internationale Beziehungen lehrt und ein Papier für den DGAP ausgearbeitet hat.
Oder Christoph Bertram und Roger de Weck mit ihrem Buch
“Partner nicht Gegner - für eine andere Iran-Politik” April 2008 erschienen.

Also, nur Mut zum Frieden - zum Frieden dem Primat der deutschen Politik!

Mit freundlichen Grüßen
Heidemarie Blankenstein


 

 

 

 

 

 

 

 

Sonntag, 8. April 2012

IRAN, KOLLEKTIVE VERIRRUNG

KOLLEKTIVE VERIRRUNG -
FÜR EINE ANDERE IRAN-POLITIK


Berlin, 8. April 2012

Kollektive Verirrung? 

Buchrezension zu: „Partner, nicht Gegner – für eine andere Iran-Politik“

Ein Standpunkt von Christoph Bertram, herausgegeben von Roger de Weck,

Edition: Körber-Stiftung, 87 Seiten, 10,-- Euro, erschienen am 19. 5. 08

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Manchen Büchern wünscht man sich, sie mögen die Mächtigen dieser Welt erleuchten,  doch wahrscheinlich wird dieser kleine Band nur eine heftige Kontroverse hervorrufen.

Seit US-Präsident Bush Iran zur „Achse des Bösen“ zählt, haben sich die westlichen Medien bequem auf der Verteufelungs-Schiene eingerichtet: „Wenn der Iran nicht einlenkt, gibt es unweigerlich Krieg“ so war der allgemeine Presse-Tenor, auch vieler westlichen Politiker Sogar DIE ZEIT stimmte in ihrer Ausgabe 35/2006 ein.  

Christoph Bertram, bis 2005 Direktor der SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik),  auch  bekannt als ZEIT-Autor, überraschte gestern in der  Europäischen Akademie Berlin-Grunewald durch andere Aspekte, die er in seinem nüchternen Essay  zusammenfasste:   

Anstelle von Regime-Verteufelung müsste Anerkennung dieses wichtigen Landes stehen, statt Konfrontation das Angebot zur Zusammenarbeit, statt Beschuldigung und Sanktionen der Dialog, statt Vorbedingungen Verhandlungen. Der Westen verfolge zur Zeit eine Iran-Politik, die keine sei, der offenbar eine kollektive Verirrung zugrunde liege.  Gegnerschaft durch Partnerschaft zu ersetzen und das riesige Sanktions-Paket von 1979 endlich aufzuschnüren, hält Bertram für die besseren Ideen.   

Die israelischen Freunde, die sich durch Präsident Achmadinedschads Äusserung vom Verschwinden  Israels „aus den Annalen der Geschichte“ besonders bedroht fühlten, munterte Bertram zu mehr Gelassenheit auf. Er verwies auf das Jahr 1958, als der UdSSR-Machthaber Chruschtschow mit der „sowjetischen Weltrevolution“ drohte und dem Westen zurief: „Wir werden Euch alle beerdigen“. Solchen  Übertreibungen – so Bertram – könne man nur mit de Gaulles „Détente, Entente et Coopération“ erfolgreich begegnen. Der Verlauf der jüngsten Geschichte hätte de Gaulle recht gegeben. 

Für viele im Westen würde eine derart nüchterne Haltung dem Iran gegenüber einer Kapitulation gleichkommen, zumindest einer unverdienten einseitigen Vorleistung.  

Der Autor erinnert demgegenüber an die Vorleistungen der damaligen Regierung des Iran, die im Jahr 2003 bereit war, Israel als Staat anzuerkennen, Hamas und Hisbollah nicht mehr zu unterstützen, allen IAEA-Inspekteuren Zutritt zu gewähren, und lediglich ihr (ziviles) Nuklear-Programm fortsetzen wollte. Das militärische Programm sollte eingestellt werden.  Die Bush-Regierung fegte dieses Schreiben, damals übermittelt durch die Botschaft der Schweiz, vom Tisch. Obwohl der Iran vor fünf  Jahren zu fast allem bereit gewesen sei, habe er dafür keine Gegenleistung aus dem Westen erhalten, nicht einmal Respekt.   

So habe die gesamte westliche Iran-Strategie bis heute allseits nur negative Resultate, dagegen sei der Einfluss des Iran in der Region gewachsen. 

Während  aus Teheran schallende Selbstbehauptungstöne zu hören sind und der Westen dröhnendes Kriegsgebaren zeigt, argumentiert Christoph Bertram nicht mit der Pauke, sondern kommt differenziert der Wahrheit näher als die meisten anderen  Analysten. Bertram sollte ernst genommen werden.  

Heidemarie Blankenstein


BRIEF AN DEN BERLINER TAGESSPIEGEL ZU G. GRASS


An: "redaktion@tagesspiegel.de" <redaktion@tagesspiegel.de>
Gesendet: 11:22 Freitag, 6.April 2012
Betreff: Leserbrief zum Leitartikel vom 5.4.12

zu:
"Irrtum in Versen" von Stephan-Andreas Casdorff vom 5. April 2012
"Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch"
Als hätte es Hölderlin geahnt, dass eines Tages ein Schriftsteller als Retter mit einer wichtigen Mahnung daherkommt. Günter Grass - und nicht nur er - hat die Gefahr erkannt. Nun hat er gewagt, sie zu formulieren. Der ängstlichen, entleerten Sprache vieler Politiker wäre das so nicht möglich gewesen. Man hätte sie von seiten der Presse - und natürlich von der extrem rechtsgerichteten Regierung Netanjahu - platt gemacht.
Letzteres versucht auch Ihr Chefredakteur Casdorff in hämischer Weise mit Grass. Klar, Casdorff muss in rasender Geschwindigkeit etwas halbwegs Intelligentes zurechtschustern. Das liest sich zwar ganz flott, hat aber Fehler:
"Nie hat Israel mit einem atomaren Erstschlag gedroht, nicht gegen den Iran, gegen niemanden...." schrieb Casdorff.
Doch Casdorff kann doch nicht entgangen sein, dass die Regierung Netanjahu eine Rhetorik benutzt, die zum Krieg drängt, die in der Welt umhertingelt, um Verbündete ( Waffen und U-Boote) für diesen bevorstehenden Militärschlag zu gewinnen.
"Ein Freund sagt auch Bitteres" sagt ein türkisches Sprichwort. Günter Grass ist bestimmt kein Feind Israels. Als Freund sollte die israelische Regierung nun endlich ihre aggressive Iran-Poltik überdenken und ganz einfach dem erfolgreichen, deutschen Modell: "Wandel durch Annäherung" folgen.
Mit freundlichen Grüßen
Heidemarie Blankenstein
PS: Ihr Beitrag vom 4.4.12, Seite 3 war
ein wenig differentzierter.