Rezension:
MEIN
ZYPERN, Joachim Sartorius,
ISBN
978-3-86648-174-9
Mare-Verlag,
1. Auflage 2013, 18,-- Euro
"Mein Lieblingshaus steht auf
Zypern"....
....schreibt
Joachim Sartorius. Für Mittelmeer-Fans hat er ein handliches Buch mit hohem
Wiedererkennungswert verfasst. Der Autor hat von 1984 bis 1986 drei Sommer in
Türkisch-Zypern verbracht. 2012 kam er für drei Wochen als Tourist zurück und
vollendete seine Aufzeichnungen von damals. "Was ich tue, ist im Grunde
eine neue Abmischung zweier Zeiten".
Joachim
Sartorius war mit 28 Jahren gerade ins Auswärtige Amt eingetreten, als sein
Vater, der Deutsche Botschafter in Nikosia, 1974 den rechtsextremistischen
griechischen Sampson-Putsch mit der anschließenden türkischen Intervention der
halben Insel erlebte. Sohn Joachim nahm während der folgenden 20 Jahre
verschiedene Aufgaben im Bonner Auswärtigen Amt wahr und war bis 1986 in New
York, Istanbul und Nikosia auf Posten. Anschließend übernahm er leitende
Funktionen bei DAAD und Goethe-Institut. Bis 2011 war er Intendant der Berliner Festspiele.
Obwohl
er mehrere Jahre auf Zypern gelebt hat, ist doch sein Blickwinkel von seinem
Arbeitsplatz im griechischen Teil der Insel geprägt. Seine Freunde dort,
meistens Künstler, haben diesen Blick offensichtlich stark beeinflusst. So
sieht er sich selbst als schöngeistiger Außenseiter.
Einfühlsam
und oft voller Poesie sind seine Schilderungen des sommerlichen Zyperns und
seiner historischen Kulturstätten. Auch fast 30 Jahre nach seinen Erlebnissen
in Paphos, Lapithos, Kouklia oder Bellapais fühlt man einen emotionalen Elan in
Sartorius' Sprache.
Als
Reiseführer ist das Buch allerdings unbrauchbar, denn Sartorius benutzt für
alle - seit fast 40 Jahren - türkisch-zyprischen Orte konsequent nur die nicht
mehr gültigen griechischen Bezeichnungen und spricht - wie es der griechischen
Seite gefällt - permanent vom "türkisch besetzten Norden". Kein Wort verliert er zu der Tatsache, dass
im Norden inzwischen ein eigenes funktionierendes Staatswesen existiert und die
dort stationierte türkische Armee für griechische Zyprer möglicherweise eine Bedrohung,
für die türkischen Zyprer aber vor allem einen wichtigen Schutz bedeutet.
Nur ein
einziges Mal scheint in seinem Buch eine erfrischende Einsicht auf: "Ich
wagte nicht, meinen Freunden zuzurufen, dass dieser vehemente Panhellenismus
die türkische Minderheit in die Enge getrieben hatte. Ich wagte auch nicht zu
fragen, ob diese Revolte gegen Großbritannien, angeführt von einem Pistolero
und einem Prälaten, nicht schon den Keim der späteren Vergiftung in sich
trug".
Da
fragt sich der informierte Leser: Warum tat es Sartorius nicht? War es
Diplomatie am falschen Platze?
Das
kommt besonders krass zum Vorschein, als er arglos und anscheinend ohne
Unrechtsempfinden beschreibt, wie er sich in Türkisch-Zypern auf den antiken
Böden von Salamis und Vouni die Taschen mit antiken Scherben vollstopft.
Wenn
sich Sartorius jedoch poetisch seiner Auslandserfahrung nähert, dann sind seine
Textstellen und Gedichte am besten. Dabei versucht er als veritabler
Schöngeist, alles Politische auszublenden. Das kann ihm aber auf dieser Insel
nicht gelingen, wo Weltgeschichte Inselgeschichte bedeutet und das tägliche
Leben der Menschen beider Inselstaaten davon extrem geprägt ist.
Heidemarie Blankenstein,
Berlin, 20. September 2013
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